Wladimir Kaminer: Ich bin kein Berliner

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Ein Reisefuehrer fur faule Touristen behauptet der Untertitel. So viele Reisetips gips gar nicht und wer will schon nach Berlin tueffeln, um einen Kinderbauernhof aufzusuchen, den es fast in jedem Problembezirk gibt (in Kreuzberg sogar drei). Da ich sowieso nicht in die Hauptstadt will, freuen mich solche eingestreuten Hinweise umso mehr. Die Vorstellung, dass unsere antiautoritaer Erzogenen die Probleme die die Gesellschaft mit Ihnen hat dadurch abarbeiten, dass sie einen ausrangierten Droschkengaul, der sein Lebensende, als Museumsstueck feiert, besteigen, laesst mich der deutsche Zukunft (die Renten sind sicher) mit dem freundlichen Laecheln einer Schwester auf der Onkologiestation entgegenwarten.

Nazis und andere Sehenswuerdigkeiten, die die tschetschenische Familie taeglich anrufen lassen, ob Schwiegermuetterchen schon vergewaltigt oder zumindest umgebracht worden ist, fuehren zur Erkenntnis, dass ARD und ZDF vielleicht doch nicht das Wahre sind (genau wie  ihre Genossen in Russland oder sonstwo ). Vielmehr ueberzeugt mich Kaminer, dass die Probleme unsere Zeit (Wir amuesieren uns zu Tode) sich in der Hauptstadt brennpunktartig manifestieren, nur ganz anders, als all die Schlauen uns versuchen zu verlabern.

Dreiunddreissig mal nimmt Wladi (ein Autor der mir so nahe steht, wird mit Spitznamen gerufen) uns aufs Korn( Berliner Musik, Berliner Fauna, Die Kriminalitaet), jedes der ca 5-6 Seiten starken Kapitelchen endet mit den Reisetipps, ohne die der Kopfreisende aufgeschmissen waere.

Wenn Verleger "Goldmann Manhattan" behauptet, dass die Geschichten "witzig-charmant" seien, moechte man dem Klappentexter doch noch einmal eine in die Fresse hauen, weil er so schludrig marketinggerecht daherschleimt. Naja, Nieten brauchen auch Erfolgserlebnisse. Mama, Mama, ich hab zwar kein Buch geschrieben, aber auf einem Buch.

Also unbedingt lesen.